Die Bezirksverwaltung Düsseldorf plant eine riesige Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Golzheim. In einem ehemaligen Bürogebäude in unmittelbarer Nähe einer Neubausiedlung, die auch eine Kita umfasst, sollen bis zu 640 Asylbewerber untergebracht werden. Anwohner zeigen sich gegenüber NIUS empört. Mit ihnen habe niemand darüber gesprochen.

Der leerstehende Bürokomplex in Düsseldorf ist noch nicht fertig umgebaut, die Bauarbeiten dauern an. Doch Ende 2024 sollen hier im Stadtteil Golzheim, in der Schwannstraße 12, die ersten von insgesamt 640 Asylbewerbern in das 8.000 Quadratmeter große Gebäude einziehen. Der Vertrag zwischen der Bezirksregierung und dem Investor sei nun unterzeichnet und habe eine Laufzeit von achteinhalb Jahren, verkündete die nordrhein-westfälische Landesverwaltung Ende Oktober.

Die Bewohner jedoch fühlen sich übergangen. Denn mit ihnen sprach niemand über die sogenannte Zentrale Unterbringungseinrichtung, kurz ZUE. Eine Anwohnerin zeigt sich im Gespräch mit NIUS besorgt: „Die geplante Unterbringungszahl steht in keinem Verhältnis zur Anzahl der Wohnungen in der Straße“, erzählt Laura S. (Anm.: Name der Redaktion bekannt). „Ich habe ernsthafte Bedenken hinsichtlich unserer Sicherheit und der Nutzungsmöglichkeiten des angrenzenden Parks mit Spielplatz.“

Der leerstehende Bürokomplex in Düsseldorf.

70 Prozent Männer, mehrheitlich aus Syrien und Afghanistan

Die unterzubringenden Personen sollen vor allem aus Syrien, Afghanistan und der Türkei stammen. Zu 70 Prozent soll die Gruppe aus Männern bestehen. Doch die unliebsamen Nachrichten wollen für die Anwohner nicht enden. Denn zusätzlich zu dieser Unterkunft plant die Stadt Düsseldorf eine weitere, noch größere Unterkunft in unmittelbarer Nähe. Dort sollen ebenfalls mehrere hundert Asylbewerber untergebracht werden. „Das birgt das Potenzial unseren Stadtteil zu einem sozialen Brennpunkt zu machen“, meint Laura S.

Die Wut unter den Anwohnern ist groß. Im Viertel entstanden in den vergangenen Jahren zahlreiche Neubauten, in die junge Familien einzogen. Hierzu zählt beispielsweise auch die Wohnanlage direkt gegenüber der geplanten Unterkunft. Erst über ein Flugblatt der AfD habe S. überhaupt die ersten Informationen erhalten. „Wie sich herausgestellt hat, wurde bereits Ende September in einer Ausschusssitzung des Landtags von den Plänen berichtet“, erklärt die 38-Jährige. „Seit der Bekanntgabe im Landtagsausschuss sind bereits 1,5 Monate vergangen, ohne dass wir als Anwohner unsere Bedenken äußern konnten.“

Die Stimmung auf der Informationsveranstaltung war hitzig

Das änderte sich am Donnerstag, als die Bezirksverwaltung zu einer Informationsveranstaltung lud. Zwar können die Bürger in den Prozess ohnehin nicht mehr eingreifen, aber es soll ihnen zumindest das Gefühl vermittelt werden, nicht gänzlich außen vor zu stehen. Anwesend waren Miriam Koch (Grünen-Mitglied und Beigeordnete für Integration der Stadt Düsseldorf), Chris-Patrick Kruse (Leiter der Abteilung 2 der Bezirksregierung Düsseldorf), Dr. Annika Molls (Hauptdezernentin im Dezernat 20 der Bezirksregierung Düsseldorf) und Jens Weissmann (Leiter der Erstaufnahmeeinrichtung Mönchengladbach).

Die Antworten des Podiums der Informationsveranstaltung am Donnerstag blieben unbefriedigend.

Mehrere der rund 200 Anwesenden beschrieben die Stimmung des Abends gegenüber NIUS als aufgeheizt. Viele betroffene Anwohner äußerten demnach ihr Unverständnis. Fragen bügelten die Podiumsmitglieder jedoch ab. Stattdessen versteckte man sich hinter der Rolle des Bürokraten. „Die Personen, die ankommen, sind mir auch nicht alle sympathisch. Aber Sie sind mir heute Abend auch nicht alle sympathisch“, habe die Integrationsbeauftragte Miriam Koch schnippisch geantwortet, erzählt Laura S.

Obwohl es noch zahlreiche Wortbeiträge gegeben habe, sei die Diskussion am Ende einfach abgewürgt worden. „Als nächste Option zum Austausch erwähnte der Leiter der Abteilung 2, Chris-Patrick Kruse, lediglich den Tag der offenen Tür der ZUE kurz vor der Eröffnung.“

Wer ist der Investor, der mit der Asylunterkunft Geld verdient?

NIUS schickte einen Fragenkatalog an die Bezirksleitung der Landesregierung und wollte wissen: Wer ist der Eigentümer der Immobilie, mit dem die Bezirksregierung Düsseldorf den Mietvertrag über das Gebäude in der Schwannstraße 12 abgeschlossen hat? Mit welchen Kosten rechnet die Bezirksregierung für die kommenden achteinhalb Jahre durch Mietzahlungen, Betriebskosten, o.ä.? Und weshalb wurden die Anwohner nicht in den Prozess miteingebunden? Aus Datenschutzgründen wolle man nichts zu den Einzelheiten der Anmietung sagen, erklärt eine Pressesprecherin der Bezirksregierung am Telefon.

In der Asylunterkunft sollen bis zu 640 Migranten Platz finden.

Der Gebäudekomplex in der Schwannstraße gehörte bis 2020 einer Tochterfirma des Stahlkonzerns Salzgitter AG. Die verlagerte ihren Standort jedoch nach Mühlheim. Die Büroanlage stand seitdem leer. Ein Investor übernahm die Immobilie. Dabei soll es sich um die Quantum Immobilien AG aus Hamburg handeln. Das Management dürfte sich freuen: Dank eines 8,5 Jahre laufenden Mietvertrags mit der Bezirksverwaltung dürfte der ein oder andere Euro in die Kassen des Immobilienkonzerns fließen.

Anwohnerin Laura S. jedenfalls ist von der Politik bitter enttäuscht und kann die miserable Art der Kommunikation kaum nachvollziehen: „Wir fühlen uns von den Verantwortlichen im Stich gelassen“, kritisiert sie. „Ist es denn zu viel verlangt, eine transparente Kommunikation zu verlangen sowie eine aktive Beteiligung an den Entscheidungen, die unsere Gemeinschaft direkt betreffen?“

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